Auch wenn die FDP nun kuscht, gibt es dennoch kaum Konsens in der etwas zerredeten Klimadebatte. Ausser vielleicht einem, der allerdings entscheidend ist, nämlich: «So wie bisher geht es nicht mehr weiter.»
Das gilt zum ersten ökologisch, wo quasi Margaret Thatcher gilt, that There Is No Alternative to the Vermeidung of the Klimahorror, um es mal in Maurerschem Neudeutsch zu sagen. Es interessiert weniger, ob eine Massnahme mehr oder weniger zur Verhinderung oder Linderung der Klimafolgen beiträgt, es gilt alleine zu verhindern, dass die Massnahmen kontraproduktiv sind (Elektromobilität!) oder dass sie übermässig Mittel binden. Deswegen gleich das Hohelied auf Kompensationsmassnahmen im Ausland zu singen, ist manchmal ein verlogenes Ablenkmanöver, was aber nicht heisst, dass es sachlich im Einzelfall nicht berechtigt sein kann, denn es heisst ja «netto Null», nicht brutto. Es gibt da sogar einen Fall, bei dem ich lieber heute statt morgen eine Wirkung im Ausland hätte, nämlich wenn es darum geht, die Investitionen Schweizer Unternehmen in fossile Energien weltweit rigoros abzuklemmen. Hier hätten wir in der Tat ein gigantisches Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Womit wir, zum zweiten, beim lieben Geld wären, denn, wie schon der britische Ökonom Nicholas Stern 2006 nachgewiesen hat, geht es nicht mehr weiter wie bisher, weil es am teuersten ist, wenn wir nichts tun. Die Vermeidungskosten werden logischerweise immer höher, je länger man zuwartet, und die Adaptionskosten explodieren. «Nur nichts tun ist billiger» zieht hier also genau nicht, ist aber die Devise der Ewiggestrigen. Schon klar, die verteidigen ihre klimavernichtende Wirtschaft. Und es mag sogar stimmen, dass die Umbaukosten für die Wirtschaft erklecklich sein werden, aber das ist eine überflüssige Bemerkung, denn «die Wirtschaft» baut sich andauernd um (und ist stolz darauf, die nennen das Innovation, Strukturbereinigung, usw.), das heisst, wir haben es eigentlich mit einem Mitnahmeeffekt zu tun, nur, dass das für einmal einer ist, der die Wirtschaft in die richtige Richtung mitnimmt.
Drittens gilt der Grundsatz, dass es so nicht mehr weitergehen kann, auch sozial, denn der heutige Zustand ist am allerungerechtesten – global, weil die anderen absaufen und wir nicht, lokal, weil es ja nicht sein kann, dass man das Privileg verteidigt, das Klima mit Billigflügen zu versauen, bloss das Privileg mittlerweile allen zukommt. Das ist kein sozialer Fortschritt, sondern ein Holzweg. Mal ganz abgesehen davon, dass es lachhaft ist, wenn im Rahmen der Klimafrage nun plötzlich das Wort «Sozialverträglichkeit» bei der CVP oder der SVP auftaucht.
Der Einwand, dass Kostenwahrheit Menschen in Bedrängnis bringen kann, ist aber berechtigt. Daher muss etwa eine CO2-Abgabe nicht nur saftig, und damit lenkend sein, sondern auch an die Bevölkerung zurückerstattet werden. Zweitens plädiere ich dafür, nicht die vereinzelten Sektorpolitiken gegeneinander auszuspielen. Armutsbekämpfung kann nicht unter Preisgabe unserer Energie- und Klimaziele realisiert werden, phantasievollere Ansätze wären nötig: Warum zum Beispiel sollten wir, analog zu den Prämienverbilligungen oder zu den AHV-Ergänzungsleistungen, nicht eine «ökologische Ergänzungsleistung» einführen, die es auch ärmeren Menschen erlaubt, Solarstrom, LED-Leuchten oder Minergie-Mietzinsen zu bezahlen? Geld dafür haben wir genug: 13 Milliarden Franken schaufeln wir heute jährlich ins Ausland für fossile Energien. Die wären in der Schweizer Gesellschaft besser investiert.
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