Nachdem nun auch die australische Rechte behauptet, es nütze rein gar nichts, wenn Australien etwas gegen den Klimawandel unternehme, weil Australien doch so winzig und vernachlässigbar sei, müssen wir ein paar Antworten geben. Wenn die Sache nicht so grandios ernsthaft wäre, dass tatsächlich eher Panik angesagt ist statt zurücklehnen, müsste ich lachen: Da fragen doch tatsächlich ein paar – nicht wenige – Leute, die einen Millimeter vor dem Abgrund stehen, ob sie nun wirklich ein Schrittchen zurück machen sollten und nicht eines vorwärts, weil es doch zwei Jahrhunderte gut gegangen sei in dieser Marschrichtung, und ein Schrittchen alleine habe nun wirklich keinen Impact.
Auch meine Studis fragen mich öfters, ob sie jetzt immer noch fliegen dürften und so weiter. Und sie bekommen von mir dann jeweils ein eindeutiges und herzhaftes «kommt darauf an» zu hören. Denn in der Tat kommts auf die Lebensumstände an, denn wenn jemand wenig Wohnfläche besetzt und heizt, kein Fleisch isst, kein Auto fährt, wenig konsumiert etc., dann liegt ein Flüglein alle Jubeljahre durchaus drin. Oder umgekehrt. Es macht also Null Sinn, die einzelne Handlung zu verteufeln, die Wertung von privaten Handlungen bringt nichts. Stellt euch das so vor, dass wir alle bei der Geburt einen Kredit bekommen, quasi ein CO2-Budget, und das dürfen wir dann versauen, wie wir wollen. Zumindest wir in den hiesigen Gegenden. Gilt selbstverständlich nicht für Drittweltländer und MigrantInnen, wo kämen wir denn da hin.
Aber es stimmt auch das Umgekehrte, nämlich, dass Fliegen des Teufels ist. Denn es ist leider so, dass der oder die Einzelne wenig ausrichten kann bei der Rettung der Welt. Aber es ist auch so, dass die eigene Handlung immer noch als Maxime für kollektives Handeln gelten können sollte. Daneben gelten auch fiese Regeln, die mittlerweile wissenschaftlich genügend gut erkundet sind, wie etwa diejenige des Allmendedilemmas, wonach die Maximierung der privaten Rationalität und des privaten Wohls den kollektiven Untergang bewirkt. Bewirken muss. Wenn alle ihre Kühe auf die gemeinsame Allmende treiben, was aus der Sicht einer Einzelperson eine absolut rationale Handlung darstellt, dann wird die Allmende übernutzt und stirbt. Es nützt aber nichts, wenn ich verzichte, denn dann kauft der Nachbar einfach eine Kuh mehr. Das heisst: Wie ich mich auch immer entscheide, es ist immer allerhöchstens second best. Scheisse. Die Allmende ist unter diesen Handlungsanreizen zum Tod verurteilt. Ersetze Allmende durch Klima, et voilà.
Das Private ist politisch. Punkt. Nicht zum ersten Mal erkennen wir das glasklar. Dieses Mal wird das noch unterstrichen durch die Tatsache, dass ich mich alleine tatsächlich nicht klimakonform verhalten kann, selbst wenn ich mir noch so Mühe gebe, denn ich bin Teil einer Verschwenderwirtschaft, ich bin einem Zwangskonsum unterworfen, dem ich mich gar nicht entziehen kann: Die Strassenbeleuchtung brennt auch, wenn ich sie nicht brauche. Daher braucht es den berühmten Systems Change, aber auch Verhaltensänderungen bei uns allen. Selbstverständlich. Das eine wie das andere. Quasi: Fliegt weiter, wenn ihr unbedingt müsst, aber hört auf, das Klima kaputt zu machen.
In knapp zwei Wochen ist grosse Klimadebatte im Zürcher Gemeinderat. Und sie werden am Abgrund stehen, die Klappe aufreissen und behaupten, das bringe ja alles gar nichts. Und sie übersehen, dass die bisherigen Schrittchen, so klein sie auch sein mögen, uns immerhin bis an den Rand des Abgrunds gebracht haben.
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